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Methode für forstbetriebliches Benchmarking in der DACH-Region

01.09.2023

Wissen

Patric Bürgi1*, Bernhard Pauli1

1Fachgruppe Forstliche Produktion, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen (CH)

Abstract

Während die Schweizer Forstbetriebe seit den 1990er-Jahren im Durchschnitt Verluste in der Waldbewirtschaftung ausweisen, erzielen die deutschen und österreichischen Forstbetriebe mehrheitlich Gewinne. Der wichtigste Grund für die negativen Betriebsergebnisse in der Schweiz sind die hohen Produktionskosten, insbesondere in der Holzernte. Für Lösungen zur Wiederherstellung der ökonomischen Nachhaltigkeit in der Schweizer Waldwirtschaft und allgemein zur Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Forstbetriebe in der DACH-Region bietet sich der methodische Ansatz des Benchmarkings an. Durch länderübergreifende Vergleiche der besten Forstbetriebe können neue Lösungsansätze identifiziert, an die eigenen Belange angepasst und umgesetzt werden. Die Methode ermöglicht es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Forstbetriebe vor dem Hintergrund der jeweiligen Umweltbedingungen, der Stakeholder, der Beschaffungs- und Absatzmärkte sowie der Betriebsbedingungen detailliert zu analysieren, zu vergleichen und Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Der Hauptfokus der Benchmarking-Methode richtet sich auf die Holzernte, die wichtigste Kostenstelle der Forstbetriebe. Benchmarking als Managementinstrument für die Forstwirtschaft scheint vielversprechend, da keine unmittelbare Konkurrenz zwischen den Forstbetrieben besteht und der offene Informationsaustausch dadurch begünstigt wird. Mit dem Klimawandel steigen die Kosten zur Bewältigung von Schadenereignissen wie Sturm, Borkenkäfer oder Trockenheit. Möglicherweise nötig sind deshalb auch Investitionen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Deshalb dürfte die Suche nach optimalen Bewirtschaftungskonzepten und -prozessen weiter an Bedeutung gewinnen.

Keywords:forest enterprises, timber harvesting, cause analysis, full cost accounting

Schweiz Z Forstwesen 174 (s1): s30–s37.https://doi.org/10.3188/szf.2023.s0030

* Länggasse 85, CH-3052 Zollikofen, E-Mail patric.buergi@bfh.ch

Seit Beginn der 1990er-Jahre erzielen die Schweizer Forstbetriebe im Durchschnitt negative Betriebsergebnisse (BFS 2022). Hauptverantwortlich dafür sind die Verluste in der Waldbewirtschaftung, der Kernaufgabe der Forstbetriebe (Bürgi 2018, Bürgi et al 2021). 2021 wiesen 53% aller Forstbetriebe im forstwirtschaftlichen Testbetriebsnetz (TBN) der Schweiz negative Ergebnisse in der Waldbewirtschaftung aus (Bürgi et al 2023). Eine in ökonomischer Hinsicht nicht nachhaltige Waldbewirtschaftung gefährdet längerfristig die Bereitstellung der gesellschaftlich erwünschten Waldfunktionen und -leistungen (z.B. Schutz und Erholung) sowie allfällig notwendige Investitionen für die Adaptation des Waldes an den Klimawandel (Bürgi 2018).

Im Gegensatz zu den Schweizer Forstbetrieben erzielten die deutschen und österreichischen Forstbetriebe in den letzten Jahren mit nur geringen öffentlichen Zuwendungen mehrheitlich positive Ergebnisse. Der wichtigste Grund für die negativen Ergebnisse in der Schweiz sind die hohen Produktionskosten, insbesondere in der Holzernte, der wichtigsten Kostenstelle der Forstbetriebe (Bürgi et al 2022).

Für die Identifizierung neuer Lösungswege zur Wiederherstellung der ökonomischen Nachhaltigkeit in der Schweizer Waldwirtschaft sowie ganz allgemein zur Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Forstbetriebe in der DACH-Region (Deutschland – Österreich – Schweiz) bietet sich der methodische Ansatz des Benchmarkings an. Durch Vergleiche mit den besten Forstbetrieben in der Branche können neue Lösungsansätze identifiziert, an die eigenen Belange angepasst und umgesetzt werden (Luczak et al 2001). Aufgrund der günstigen Hebelwirkung erscheint es sinnvoll, den Fokus von Benchmarking-Aktivitäten auf die Holzernte zu richten. Eine darauf abgestimmte Benchmarking-Methode existierte bisher jedoch nicht.

Im vorliegenden Artikel werden das Grundkonzept der Methode Benchmarking und eine neue Methode für forstbetriebliches Benchmarking in der DACH-Region mit Fokus auf die Holzernte vorgestellt. Diese wurde im Rahmen der Dissertation von Bürgi (2023) entwickelt. Der vorliegende Artikel stellt zentrale Ergebnisse der Arbeit vor.

Methodisches Vorgehen

Die Entwicklung der Benchmarking-Methode erfolgte in vier Arbeitsschritten. Zuerst fand eine umfassende theoretische Auseinandersetzung mit der Methode Benchmarking statt. Basierend auf den daraus gewonnen Erkenntnissen wurde anschliessend eine Benchmarking-Methode für Flachland- und Gebirgsforstbetriebe in der DACH-Region mit Fokus auf die Holzernte entwickelt. Dazu wurden ein Vorgehens-, ein Inhalts- und ein Organisationsmodell sowie als verbindendes Element ein Ehren- und Verhaltenskodex entwickelt. Danach wurde die Benchmarking-Methode im Rahmen von zwei Fallstudien angewandt und verifiziert. Basierend auf den methodischen Erkenntnissen der Fallstudien wurde die Benchmarking-Methode schliesslich im Hinblick auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen für die Forstbetriebe optimiert.

Das Benchmarking-Konzept

Definition und Ziele von Benchmarking

Benchmarking als Managementinstrument zur Steigerung der Leistungsfähigkeit von Unternehmen existiert seit den 1980er-Jahren. Als Begründer der Benchmarking-Methode gilt Robert C. Camp, der die Methode im Rahmen seiner Tätigkeit als CEO von Rank Xerox aus der Unternehmenspraxis heraus entwickelte (Siebert et al 2008). Benchmarking bedeutet, Strategien, Produkte und Dienstleistungen sowie Strukturen und Prozesse eines Unternehmens kontinuierlich und in einem systematischen Prozess mit den besten Unternehmen zu vergleichen, um von diesen zu lernen (Camp 1994, Siebert et al 2008). Die Kernziele von Benchmarking bestehen darin, Leistungslücken im Vergleich mit den besten Unternehmen zu identifizieren, die Ursachen der Leistungslücken zu verstehen und diese Benchmarking-Gaps zu schliessen. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung soll das eigene Unternehmen im Idealfall mittel- bis längerfristig selbst zu den Branchenleadern gehören (Luczak et al 2001, Camp 1994, Abbildung 1).

Benchmarking-Methoden

Nach der erstmaligen Veröffentlichung der Benchmarking-Methode von Camp (1989) haben sich verschiedene Autorinnen und Autoren intensiv damit auseinandergesetzt. Eine vertiefte Analyse der Benchmarking-Methoden zeigt, dass eine Vielzahl verschiedener Ansätze existiert. Sie unterscheiden sich vor allem in Bezug auf die Vorgehensmodelle und die Benchmarking-Objekte.

Bei herkömmlichen Benchmarking-Methoden findet der Wissenstransfer nur zu einem ausgewählten Thema statt, bei dem der Referenzbetrieb bereits über «best practices» verfügt. Der Anreiz für die Teilnahme an einem Benchmarking-Projekt ist daher für das Referenzunternehmen eher gering. Diese Problematik versucht die Methode des sogenannten mutuellen Benchmarkings von Wochesländer (2007) zu lösen. Dabei findet der Wissenstransfer zu verschiedenen, komplementären Themen statt, bei dem durch eine Stärken-Schwächen-Analyse geeignete Themen identifiziert werden, die ein wechselseitiges Voneinander-Lernen ermöglichen. Dadurch wird im Idealfall eine klassische Win-win-Situation geschaffen (Wochesländer 2007).

Methode für forstbetriebliches Benchmarking

Analyse und Vergleichsrahmen

Die neu entwickelte Methode für forstbetriebliches Benchmarking orientiert sich am mutuellen Benchmarking und ermöglicht es, die wirtschaftliche Performance von Forstbetrieben vor dem Hintergrund der jeweiligen Umweltbedingungen zu analysieren und die Erfolgsfaktoren zu identifizieren (Abbildung 2). Benchmarking-Objekte der Methode für forstbetriebliches Benchmarking können grundsätzlich Strategien, Produkte und Dienstleistungen, Strukturen, Prozesse und Funktionen sein. Der Hauptfokus der Methode richtet sich allerdings auf den Vergleich der Holzernte.

Aufbau der Benchmarking-Methode

Die Methode für forstbetriebliches Benchmarking besteht aus vier Modellkomponenten: dem Ablaufmodell, dem Organisationsmodell, dem Inhaltsmodell und dem Verhaltenskodex (Code of Conduct) als verbindendes Element (Abbildung 3). In den nachfolgenden Abschnitten werden die einzelnen Modellkomponenten detailliert beschrieben.

Ablaufmodell

Das Ablaufmodell beschreibt das Vorgehen im Projekt. Es gliedert sich in die vier Hauptphasen Planung, Analyse, Umsetzung und Erfolgskontrolle mit jeweils vier Prozessschritten (Abbildung 4). In der Planungsphase werden die Benchmarking-Partner identifiziert, und gemeinsam werden die Ziele und Inhalte des Benchmarking-Projekts festgelegt. Zudem werden das Benchmarking-Team und die Grössen zur Leistungsbeurteilung bestimmt. In der Analysephase werden die Informationsquellen analysiert, die Leistungslücken und die dahinterstehenden Ursachen sowie die Erfolgsfaktoren ermittelt. Zudem erfolgt ein umfassender Erfahrungs- und Wissenstransfer vor Ort. In der Umsetzungsphase werden die Ziele und Strategien sowie zugehörige Aktionspläne zur Schliessung der Leistungslücken definiert und umgesetzt. Der Erfolg des Umsetzungsprozesses wird zudem durch laufendes Controlling sichergestellt. In der letzten Phase des Benchmarking-Prozesses werden der Erfolg der umgesetzten Verbesserungsmassnahmen gemessen, die Projektergebnisse und die Lerneffekte dokumentiert sowie die erzielten Leistungssteigerungen unternehmensintern kommuniziert.

Organisationsmodell

Das Organisationsmodell legt die Projektorganisation fest. Dazu gehören die Benchmarking-Institution, die Benchmarking-Partner und die Fachexpertinnen und -experten (Abbildung 5). Sie alle bilden das Projektteam. Die Benchmarking-Institution leitet und koordiniert das Benchmarking-Projekt und übernimmt die Projektleitung. Sie ist für Planung, Durchführung und Moderation der im Rahmen des Benchmarking-Prozesses stattfindenden Workshops zuständig und definiert die Projektstandards und -methoden. Die Funktion der Benchmarking-Institution wird von Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder spezialisierten Forstingenieurbüros übernommen. Die Institution sollte über Benchmarking- und Projekterfahrung sowie über forstökonomisches Know-how verfügen. Die Benchmarking-Partner sind die am Projekt teilnehmenden öffentlichen oder privaten Forstbetriebe der DACH-Region. Sie initiieren das Benchmarking-Projekt und definieren die Projektziele und -inhalte. Die Betriebe stellen den anderen Benchmarking-Partnern Wissen zur Verfügung und holen sich gleichzeitig neues Wissen ab. Die Fachexpertinnen und -experten bringen spezifisches Know-how zu den Benchmarking-Objekten ein, das im Projektteam unter Umständen nicht verfügbar ist.

Um ein vertieftes Benchmarking zu ermöglichen sowie den Koordinationsaufwand zwischen den Forstbetrieben und die Durchführungszeit des Projekts kompakt zu halten, sollte die Teilnehmerzahl auf maximal drei Betriebe und sieben Mitglieder im Benchmarking-Team beschränkt werden.

Inhaltsmodell

Das Inhaltsmodell beschreibt die konkreten inhaltlichen Schritte und Methoden des Benchmarking-Prozesses. Die wichtigsten Prozessschritte sind die Identifizierung des Benchmarking-Gaps, die Ursachenanalyse sowie die Ableitung von Verbesserungszielen und Massnahmen zur Schliessung der Leistungslücken.

Die Identifizierung des Benchmarking-Gaps erfolgt mittels einer Kennzahlenanalyse auf der Ebene der Kostenstellen und der Erlösarten. Dazu wurde ein DACH-harmonisiertes Kennzahlensystem auf Basis der Kostenrechnungssysteme der forstwirtschaftlichen TBN der DACH-Länder entwickelt. Das Kennzahlenset umfasst 110 Kennzahlen in den Bereichen Betriebsstruktur, Holzeinschlag, Faktorausstattung und Faktorpreise, Erfolg, Rentabilität, Wirtschaftlichkeit, Deckungsbeiträge sowie Kosten- und Erlösstruktur. Zur Angleichung der Kennzahlen wurden die Buchungsregeln der länderspezifischen TBN einander gegenübergestellt und angeglichen.

Die Ergebnisse der Kennzahlenanalyse fliessen danach in eine Stärken-Schwächen-Analyse ein. Abbildung 6 zeigt ein Ergebnis einer solchen Analyse mit Beispieldaten. Die Stärken-Schwächen-Analyse erlaubt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Benchmarking-Partner im Kontext von vergleichbaren DACH-Forstbetrieben detailliert zu beurteilen und komplementäre Themen für das mutuelle Benchmarking zu identifizieren. Das Stärken-Schwächen-Profil umfasst 25 Kennzahlen zur Erfolgs-, Kosten- und Erlössituation. Die Beurteilung der wirtschaftlichen Performance der Benchmarking-Partner erfolgt anhand einer siebenstufigen Skala. Diese basiert auf der Streuung der jeweiligen Kennzahlen von vergleichbaren Forstbetrieben in der DACH-Region (z.B. Flachland- oder Gebirgsforstbetriebe). Die Grundlage hierfür bilden die einzelbetrieblichen Daten aus den forstwirtschaftlichen TBN der DACH-Länder .1 Die Aufbereitung der Kennzahlen erfolgt anhand der Kennzahlendefinitionen des DACH-harmonisierten Kennzahlensystems.

Ergänzend zur Beurteilung der ökonomischen Situation bietet die Methode für forstbetriebliches Benchmarking die Möglichkeit, interessengesteuert Stärken und Schwächen bei den Unternehmensfunktionen zu identifizieren. Dadurch können weitere komplementäre Themen für das mutuelle Benchmarking identifiziert werden.

Ursachenanalyse

Im Rahmen der Ursachenanalyse werden die relevanten Einflussfaktoren, die Ursachen und die Erfolgsfaktoren identifiziert, welche die Leistungsvorsprünge des Referenzbetriebs erklären.

Die Identifizierung der Einflussfaktoren und der dahinterstehenden Ursachen einer Leistungslücke in der Holzernte erfolgt mittels eines teilstrukturierten Experteninterviews zwischen den am Benchmarking-Projekt beteiligten Forstbetriebsleitungen. Dabei hilft ein Analyseraster. Dazu werden schrittweise alle theoretisch plausiblen Einflussfaktoren und Ursachen systematisch analysiert, die einen Teil eines Benchmarking-Gaps in der Holzernte erklären können. Insgesamt wurden 28 Einflussfaktoren und 76 ursächliche Faktoren mittels einer umfassenden Delphi-Befragung von Holzernteexpertinnen und -experten identifiziert. Vier der Einflussfaktoren sind ausschliesslich für Forstbetriebe relevant, die auch seilgestützte Holzerntesysteme einsetzen. Beispiele für mögliche Einflussfaktoren, die einen Unterschied in den Holzerntekosten erklären können, sind die eingesetzten Holzernteverfahren, der Anteil an Kalamitätsholz, die Nutzungsintensität, die Faktorkosten oder die Zusatzaufwände, die durch eine intensive Erholungsnutzung entstehen können.

Das Analyseraster gibt zudem Hinweise darauf, ob die ursächlichen Faktoren durch den Forstbetrieb beeinflussbar sind und wie die zu erwartende Hebelwirkung im Hinblick auf die Schliessung des durch den jeweiligen Einflussfaktor verursachten Anteils des Benchmarking-Gaps ist. Abbildung 7 zeigt beispielhaft den Aufbau des Analyserasters zur Ursachenanalyse eines Benchmarking-Gaps in der Holzernte.

Wenn alle Einflussfaktoren identifiziert sind, wird deren prozentualer Anteil am gesamten Benchmarking-Gap eingeschätzt (Abbildung 8). Dies ermöglicht im weiteren Projektverlauf eine Priorisierung von Verbesserungszielen und -massnahmen. Zudem werden die identifizierten Ursache-Wirkung-Beziehungen mittels eines Ishikawa-Diagramms grafisch dargestellt (Abbildung 9). Ein solches Ursachen-Wirkung-Diagramm bildet Kausalbeziehungen zwischen Ursache und Wirkung ab (Schmidt & Naumann 2021, Abbildung 8).

Im nächsten Schritt werden die relevanten Erfolgsfaktoren identifiziert, welche die Leistungsvorsprünge des Referenzbetriebs massgeblich erklären. Hierzu werden nur Einflussfaktoren gezählt, die durch Managemententscheidungen tatsächlich beeinflussbar sind. Nicht als Erfolgsfaktoren gelten allgemeine Umweltbedingungen (z.B. rechtliche Rahmenbedingungen), die nicht durch Managemententscheidungen beeinflusst werden können.

Zum Abschluss der Ursachenanalyse werden die Einflussfaktoren klassifiziert und quantifiziert nach veränderbaren, nicht oder kaum durch den Forstbetrieb veränderbaren Faktoren. Abbildung 9 zeigt ein Beispiel mit fiktiven Daten. So kann der tatsächlich durch Handlungsalternativen realisierbare Benchmarking-Gap identifiziert werden. Dieser kann zudem noch weiter differenziert werden: in Leistungsunterschiede, die aufgrund unterschiedlicher Zielpräferenzen zustande kommen (z.B. Förderung der Biodiversität durch stehendes Totholz), und in solche, die durch mangelhafte Managemententscheidungen zustande kommen (z.B. suboptimale Gestaltung von Holzernteprozessen).

Ableitung von Verbesserungszielen und Massnahmen

Anschliessend an die Ursachenanalyse werden die Verbesserungsziele und Massnahmen zur Schliessung des Benchmarking-Gaps festgelegt. Zuerst werden die Verbesserungsziele definiert, danach wird geprüft, wie die Erfolgsfaktoren des Referenzbetriebs durch kreative Adaptation auf die eigene betriebliche Situation übertragen werden können. In einem letzten Schritt werden weitere Massnahmen zur Zielerreichung abgeleitet. Tabelle 1 zeigt ein Beispiel eines Verbesserungsziels und zugehöriger Massnahmen.

Verhaltenscodex (Code of Conduct)

Der Code of Conduct beschreibt Verhaltensregeln für das Benchmarking-Team. Im Wesentlichen sollen sie sicherstellen, dass die im Rahmen des Projekts geteilten Informationen von gleich hoher Qualität sind und keine unlautere Nutzung der Projektergebnisse stattfindet.

Benchmarking-Fallstudien

Zur Absicherung bzw. Verifizierung der Methode wurden zwei Benchmarking-Fallstudien durchgeführt. Dazu wurden die Methode der schriftlichen Befragung und jene der teilnehmenden Beobachtung eingesetzt. Die Erkenntnisse aus den Fallstudien wurden schrittweise in die Methode integriert, um diese zu optimieren und damit den betriebswirtschaftlichen Nutzen zu steigern.

Die Ergebnisse der Fallstudien zeigen, dass die Methode für forstbetriebliches Benchmarking praxistauglich ist. Sie ermöglicht es, Leistungsunterschiede, die dahinterstehenden Ursache-Wirkung-Beziehungen sowie die jeweiligen Erfolgsfaktoren zu identifizieren und darauf aufbauend konkrete Massnahmen zur Schliessung des Benchmarking-Gaps abzuleiten. Zudem konnte ein wechselseitiger Nutzen zwischen den teilnehmenden Forstbetrieben geschaffen werden.

Im Rahmen der Fallstudien wurden folgende Erfolgsfaktoren für die Anwendung der Methode deutlich:

  • Eine professionelle, externe Projektleitung und -unterstützung schafft das notwendige Vertrauen und begünstigt eine effiziente und effektive Projektabwicklung. Die Benchmarking-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer werden in allen Projektphasen methodisch angeleitet und mit forstökonomischem Know-how unterstützt.
  • Es müssen brauchbare betriebliche Kennzahlen vorhanden sein, die eine objektive Identifikation von Leistungsunterschieden ermöglichen. Eine optimale Voraussetzung hierfür ist eine forstspezifische Betriebsbuchhaltung.
  • Bei den Projektbeteiligten muss ein hohes Mass an Akzeptanz vorhanden sein. Hierzu scheint eine umfassende, unternehmensinterne Kommunikation von Beginn bis zum Schluss des Projekts wichtig. Erzielte Leistungssteigerungen sollten den Mitarbeitenden zudem am Ende des Projekts kommuniziert werden.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Im Rahmen der durchgeführten Fallstudien konnte gezeigt werden, dass sich die Methode des Benchmarkings zur Identifikation von Möglichkeiten zur Steigerung der wirtschaftlichen Performance eignet. Die Methode scheint zudem besonders vielversprechend, da im Allgemeinen keine unmittelbare Konkurrenz zwischen den Forstbetrieben besteht und der offene Informationsaustausch dadurch begünstigt wird.

Benchmarking kann «Quantensprünge» in der Unternehmensperformance ermöglichen, da die besten praxiserprobten Lösungen identifiziert und in der eigenen Unternehmung umgesetzt werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein einfaches Kopieren von Techniken und Praktiken, die bei anderen funktionieren. Eine kreative Adaptation von Best-Lösungen an die eigene betriebliche Situation unter Berücksichtigung der Unternehmensumwelt ist erforderlich.

Die Ausrichtung der Methode auf länderübergreifende Vergleiche bietet ein besonders grosses Potenzial zur Identifizierung grundlegend neuer Lösungsansätze für eine effiziente und rentable Waldbewirtschaftung.

Inwieweit ein vorhandener Benchmarking-Gap letztlich geschlossen werden kann, hängt davon ab, in welchem Umfang die ursächlichen Faktoren durch den Forstbetrieb beeinflusst werden können. So sind beispielsweise rechtliche Rahmenbedingungen, die Topografie oder das Lohn- und Preisniveau kaum oder nur bedingt veränderbar. Zum Teil verhindern auch die Zielpräferenzen und die Vorgaben der Waldeigentümerinnen und -eigentümer die Schliessung des Benchmarking-Gaps. Gerade in kommunalen Forstbetrieben der Schweiz werden für eine vermehrte Bereitstellung von öffentlichen Gütern (z.B. Schutz oder Erholung) oft bewusst höhere Kosten in Kauf genommen.

Aufgrund der mit dem Klimawandel einhergehenden steigenden Kosten zur Bewältigung von Störungen (z.B. Sturm, Borkenkäfer, Trockenheit) und der allenfalls notwendigen Investitionen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel dürfte die Suche nach optimalen und effizienten Bewirtschaftungskonzepten und -prozessen weiter an Bedeutung gewinnen. Benchmarking könnte hier einen wertvollen Beitrag zur Identifizierung zukunftsfähiger und ökonomisch nachhaltiger Waldbewirtschaftungskonzepte leisten.

Eingereicht: 31. Mai 2023, akzeptiert (mit Review): 11. Juli 2023

Fussnoten

Testbetriebsnetz Forst (D), Testbetriebsnetz Grosswald (A), Forstwirtschaftliches Testbetriebsnetz (CH)

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