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Abschied nach einer Zeit des Umbruchs in der Berner Waldwirtschaft

Roger Schmidt hat im Mai die Leitung des Amts für Wald und Naturgefahren des Kantons Bern nach zwölf Jahren an den promovierten Betriebswirtschafter Marc Balsiger übergeben. Nach 34 Jahren im Staatsdienst verabschiedet sich der diplomierte Forstingenieur ETH und Wirtschaftsingenieur FH mit dieser Carte Blanche in die Pension.

01.07.2025

Roger Schmidt unterwegs mit Quirinus Wyttenbach, dem Betriebsleiter der Forst Region Thun AG.
Roger Schmidt unterwegs mit Quirinus Wyttenbach, dem Betriebsleiter der Forst Region Thun AG.

Meinung

«Kennen Sie den Marshmallow-Test? Wer warten kann, bekommt mehr. Das gilt auch für Verwaltungen und für Waldleistungen. Noch 2015 haben die acht Berner Waldabteilungen unsere Förderprogramme mit 99 Revieren auf die Fläche gebracht, die je zur Hälfte 36 000 privaten und über 400 öffentlichen Waldeigentümerinnen und -eigentümern gehört. Wo eine starke, eigenständige Waldwirtschaft fehlte, versuchte der Staat, die nötige Bewirtschaftung – etwa für die Schutzwaldpflege – mit 39 Staatsrevieren selbst aufrechtzuerhalten.

2015 wurde das Amt reorganisiert und gemeinsam mit dem Verband Berner Waldbesitzer (BWB) eine Entwicklungsstrategie Waldwirtschaft beschlossen. Ziel war eine leistungsfähige Waldwirtschaft, die die gesellschaftlichen Bedürfnisse nachhaltig erfüllt. Ab 2016 förderte der Kanton die Hilfe zur Selbsthilfe: Waldeigentümerinnen und -eigentümer konnten Beratung beanspruchen, ihre Strategie festlegen und sich entsprechend organisieren. Die nunmehr vier Waldabteilungen zogen sich aus der ersatzweisen Bewirtschaftung zurück. Seither hat sich viel verändert: In den Regionen wurden neue Forstbetriebe und Waldunternehmen gebildet oder bestehende ausgebaut.

Erfolgreiche Unternehmen stehen für den Wandel

Von der Forst Haslital AG im Oberhasli bis zur ValForêt SA im Berner Jura stehen heute etliche erfolgreiche Unternehmen in allen Regionen beispielhaft für diesen Wandel. Sie planen und steuern die Bewirtschaftung der Wälder ihrer Eigentümerinnen oder Auftraggeber. Für die Ausführung setzen sie zunehmend auf spezialisierte Forstunternehmen. Dies steigert die Wirtschaftlichkeit und schont den Wald. Zudem wird die Waldarbeit sicherer, und die Forstunternehmen können sich entwickeln und vermehrt auch in die Ausbildung von Fachkräften investieren.

Eine starke Waldwirtschaft ist die beste Versicherung des Staats für den Wald im Klimawandel.

Die Wirkung ist messbar: Die Schutzwaldpflege konnte flächenmässig ausgeweitet werden. Die jährliche Fläche an Lebensraumaufwertungen wurde in fünf Jahren verdoppelt. Freizeitnutzungen werden dezentral vereinbart und nachhaltig gelenkt. Auch die Zahl der Forstreviere ist deutlich gesunken, von 99 auf 63, jene der Staatsreviere (ohne Staatswald) gar von 39 auf 12.

Der Mut zur Veränderung war entscheidend

Was sind die Erfolgsfaktoren? Erstens das Berner Waldgesetz mit seinem bemerkenswerten Programmartikel (Art. 2 KWaG): Der Staat schafft Rahmenbedingungen, die Waldwirtschaft liefert – marktorientiert und eigenverantwortlich. Zweitens das Verständnis der Akteure für den Nutzen einer leistungsfähigen Waldwirtschaft. Drittens und vor allem war es der Mut zur Veränderung: Waldbesitzerinnen, Förster, Forstunternehmen und engagierte Mitarbeitende des Amts sind den Weg gegangen und haben gemeinsam die Zukunft gebaut.

Die Strategie lebt, und Geduld zahlt sich aus. Eine starke Waldwirtschaft leistet mehr – in normalen Zeiten und bei Schadenereignissen. Sie ist die beste Versicherung des Staats für den Wald im Klimawandel.»

Roger Schmidt

In die Fachkompetenz der Mitarbeitenden vertrauen

Was hat Sie in den ersten Wochen als neuer Amtsleiter am meisten beeindruckt und gefreut?

Marc Balsiger: Beeindruckend sind die Vielzahl und die Vernetzung der relevanten Themen und Akteure für die zukunftsfähige Entwicklung des Berner Waldes. Gefreut habe ich mich über das kompetente und engagierte Team im Amt.

Was bringen Sie mit, und wie gedenken Sie, mit den fachlichen Lücken umzugehen?

Meine langjährige Führungserfahrung sollte mir in der neuen Funktion bei der Führung, Organisation und Kommunikation helfen. Was mein Fachwissen angeht, gibt es zwei Antworten: Zum einen habe ich den Anspruch, die wichtigsten Inhalte und Zusammenhänge rasch kennenzulernen. Zum andern ist es entscheidend, der vorhandenen Fachkompetenz der Mitarbeitenden im Amt zu vertrauen und sie bewusst weiterzuentwickeln.

Wo sehen Sie Ihre wichtigste Aufgabe?

Den durch das Berner Waldgesetz vorgegebenen Weg gilt es konsequent weiterzugehen und die definierten Fachstrategien umzusetzen und weiterzuentwickeln. Die Anpassungsfähigkeit des Waldes an klimatische Veränderungen wird dabei eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

Interview: This Rutishauser

Schweiz Z Forstwes 176 (4): 234

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