• Auftakt

Parlament will Rodungsersatz neu regeln

Das Fachseminar «Walderhaltung auf dem Prüfstand» anlässlich der Hauptversammlung des Schweizerischen Forstvereins bietet Ende August die Gelegenheit für fachliche Diskussionen zur Umsetzung des politischen Vorstosses.
Das Fachseminar «Walderhaltung auf dem Prüfstand» anlässlich der Hauptversammlung des Schweizerischen Forstvereins bietet Ende August die Gelegenheit für fachliche Diskussionen zur Umsetzung des politischen Vorstosses.

Schwerpunkt

Regina Wollenmann1, Christine Moos2, Lukas Denzler3

1 Präsidentin SFV, regina.wollenmann@forstverein.ch
2 Vizepräsidentin SFV, christine.moos@forstverein.ch
3 Geschäftsführer SFV, lukas.denzler@forstverein.ch

Im Juni gab das Parlament dem Bundesrat den Auftrag, eine Vorlage zur Anpassung des Waldgesetzes auszuarbeiten. Damit soll der Rodungsersatz weiter flexibilisiert werden. Das Fachseminar des Schweizerischen Forstvereins Ende August auf dem Weissenstein bietet die Gelegenheit, um über mögliche Auswirkungen zu diskutieren.

Schweiz Z Forstwesen 176 (4): 192–193.https://doi.org/10.3188/szf.2025.0192

Im September 2024 reichte der St. Galler Ständerat Benedikt Würth eine Motion ein. Das Ziel des parlamentarischen Vorstosses: den Rodungsersatz weiter zu flexibilisieren. Dafür soll das Bundesgesetz über den Wald geändert werden. So heisst es in der Motion wörtlich: «Der Rodungsersatz kann qualitativ neben den bestehenden Massnahmen im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes mindestens zur Hälfte durch Aufwertungsmassnahmen der bestehenden Waldfläche erfolgen. Temporäre Rodungen bleiben vorbehalten, denn dort soll an Ort und Stelle wieder aufgeforstet werden.»

In der Begründung wird erläutert, dass der Wald in seiner flächenmässigen Ausdehnung nicht mehr bedroht sei. Abgesehen von den temporären Rodungen soll der Rodungsersatz künftig deshalb qualitativ und zu mindestens 50 Prozent im bestehenden Waldareal erfolgen können. Laut dem Motionär könnte so die Kompensation zugunsten des Waldes ein stärkeres Gewicht erhalten und das bestehende Kulturland gleichzeitig geschont werden. Am Grundsatz, dass nur in Ausnahmefällen gerodet werden darf, sei hingegen festzuhalten. Der Nachweis wichtiger Gründe für eine Rodung soll weiterhin uneingeschränkt erbracht werden.

Der Bundesrat empfahl dem Parlament, die Motion anzunehmen. In der Folge stimmte der Ständerat der Motion mit 30 zu 13 Stimmen und 1 Enthaltung deutlich zu. Damit war klar, dass auch der Nationalrat über den Vorstoss zu befinden hat. Das Geschäft kam zur Vorberatung in die nationalrätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N).

Bewährte Bestimmungen zum Rodungsersatz

Die Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft der Kantone (KWL) und forstliche Organisationen brachten ihre Argumente ein. Auch der Vorstand des Schweizerischen Forstvereins verfasste eine Stellungnahme. Er lehnte die Motion ab mit dem Argument, dass sich die geltenden rechtlichen Bestimmungen zum Rodungsersatz bewährt hätten und den nötigen Spielraum für einen Vollzug mit Augenmass bieten würden. Anstelle von Realersatz könnten bereits heute gleichwertige Massnahmen zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden – einerseits in Gebieten mit zunehmender Waldfläche und andererseits ausnahmsweise in den übrigen Gebieten zur Schonung von landwirtschaftlichem Kulturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvollen Gebieten. Zudem seien solche Massnahmen schon heute grundsätzlich auch im bestehenden Waldareal möglich.

Weiter wird in der Stellungnahme festgehalten, dass auf die ganze Schweiz bezogene Zahlen, etwa über die Zunahme der Waldfläche oder die vergleichsweise sehr geringe Fläche der bewilligten Rodungen an der gesamten Waldfläche, irreführend seien, weil die Situation regional sehr unterschiedlich ist. So hält der Zweckartikel des Waldgesetzes ausdrücklich fest, dass der Wald nicht nur in seiner Fläche, sondern auch in seiner Verteilung erhalten werden soll.

Die verschiedenen Stellungnahmen der forstlichen Organisationen bewirkten, dass die UREK-N entschied, eine Anhörung durchzuführen. Dazu waren Nichtregierungsorganisationen aus den Bereichen Wald, Landwirtschaft, Bau und Naturschutz eingeladen, so auch der Schweizerische Forstverein. Unsere Argumente drangen jedoch nicht durch, und die Kommission befürwortete die Motion mit 15 zu 10 Stimmen. Am 12. Juni 2025 stimmte auch der Nationalrat der Motion mit 113 zu 75 Stimmen zu. Damit ist nun der Bundesrat mit der Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage am Zug.

Inhaltliche Ausmarchung beginnt

Bisher wurde diskutiert, ob es überhaupt einen Bedarf gibt, das Waldgesetz anzupassen. Nach dem Entscheid des Parlaments beginnt nun die inhaltliche Ausmarchung. Die grosse Frage ist: Wie wird die wenig präzis formulierte Motion umgesetzt? Welche Löcher werden dabei ins Rodungsrecht geschlagen? Was sind die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf Wälder und Landschaften in dicht besiedelten Räumen?

Das Gärtchendenken ist nach wie vor stark verankert. Jede Branche setzt sich primär für ihre Anliegen ein. Die Stimme der Raumplanung ist kaum vertreten. Somit ist zu befürchten, dass ganzheitliche Lösungsansätze, die gerade in dicht besiedelten Räumen und in Zeiten von Klimawandel und Biodiversitätsverlust so sehr benötigt würden, auf der Strecke bleiben.

Um über diese Fragen und künftige Herausforderungen zu diskutieren, kommen die Beiträge in diesem Heft und das Fachseminar Ende August auf dem Weissenstein zur richtigen Zeit. Der Vorstand hofft auf eine rege Beteiligung und konstruktiv-kritische Diskussionen. Mögen diese einen Beitrag für die gesellschaftspolitische Debatte der nächsten Monate leisten.

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